Wettbewerbsvorteil für Leuchttürme

Peter Schuffelen hat mit dem Nachhaltigkeits-Experten Jürgen Linsenmaier darüber gesprochen, warum Unternehmen nachhaltig agieren sollten.

Aufmachergraphik digit 4-2022

digit!: Herr Linsenmaier, in einem Satz: Was ist überhaupt Nachhaltigkeit?

Jürgen Linsenmaier: Nachhaltigkeit oder nachhaltige Entwicklung bedeutet letztlich, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten künftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Ich spreche hier gerne von „Enkeltauglichkeit“.

Sie selbst nennen sich Nachhaltigkeits-Experte: In welcher Form beraten Sie Ihre Kunden?

JL: Im ersten Schritt geht es darum, einen globalen Überblick zu bekommen und Meinungen abzufragen. Es geht um die „Spielaufstellung“. Was sagt das eigene Team zum Thema Nachhaltigkeit? Wo stehen die Mitbewerber? Welche Chancen bietet das Thema für das eigene Geschäft? Im zweiten Schritt geht es um die Ist-Analyse. Wo stehe ich beim Thema Nachhaltigkeit? Auf dieser Grundlage werden Verbesserungen und konkrete Maßnahmen erarbeitet, die auf Nachhaltigkeit einzahlen und die für das Unternehmen auf mehreren Ebenen Nutzen generieren. Das kann neue Produkte betreffen, die Kommunikation, einzelne Prozesse oder die Einbindung in gesellschaftliche Strukturen.

In welchen Branchen ist das Thema besonders angesagt bzw. ausgeprägt?

JL: Der Begriff Nachhaltigkeit ist ursprünglich in der Forstwirtschaft entstanden, weil man erkannt hat, dass man nur so viel Holz schlagen kann, wie auch nachwächst. Aber das Thema ist inzwischen in der gesamten Wirtschaft angekommen. Tatsache ist allerdings, dass viele Unternehmen noch nicht wirklich begonnen haben, Nachhaltigkeit zu integrieren oder noch ganz am Anfang stehen. Dadurch gibt es eine große Chance, ein Leuchtturm in der eigenen Branche zu werden und damit Wettbewerbsvorteile zu generieren.

Wo sollte man anfangen, wenn man nachhaltig(er) werden will?

JL: Eine gute Frage, auf die es auch keine Antwort nach Schema F gibt. Für viele Unternehmen sind die etablierten Strukturen tatsächlich das Problem. Dann steigt man z. B. auf Ökostrom um oder bietet seinen Mitarbeitern ein Fahrradleasing an. Oftmals ist das aber keine abgestimmte Vorgehensweise – und schon gar keine nachhaltige Strategie auf Sicht von drei oder fünf Jahren.

Wie also geht man vor?

JL: Zuerst sollten sich Unternehmen die richtigen Fragen stellen – Fragen nach dem Ziel und der eigenen Identität, nach den eigenen Möglichkeiten. Die richtigen und vor allem ehrlichen Antworten auf diese Fragen sind der Ist-Zustand. Erst auf dieser Grundlage können sie transparent und ehrlich agieren und Fragen ihrer Kunden klar beantworten. Alles andere führt zu „Greenwashing“.

Und dann?

JL: Auf Grundlage dieses Ist-Zustandes können erste Projekte, die ins ganzheitliche Unternehmenskonzept passen, definiert und umgesetzt werden. Ich empfehle immer, zu Beginn Projekte festzulegen, die dem Team Freude machen, die sich leicht integrieren lassen und die im Kleinen plausibel sind, auch für Kunden und Geschäftspartner. Die Dynamik ist eine andere, wenn alle begeistert mitmachen und einen individuellen Nutzen erkennen. Nachhaltigkeit sollte keine Doktrin sein, sondern gern gelebter Alltag.

Wie viel kostet das Etablieren nachhaltiger Strukturen?

JL: Die Frage ist, ob Unternehmen diese selbst auf den Weg bringen oder sich zu Beginn einen externen Experten holen. Ich empfehle Letzteres, auch weil damit Expertise über das Wettbewerbsumfeld einfließt und die Maßnahmen mess- und vergleichbar werden. Um aber auf die Frage der Kosten zurückzukommen: Nicht-Nachhaltigkeit kostet das Unternehmen, und zwar Wettbewerbsfähigkeit. Die Frage lautet: Kann es sich ein Unternehmen heute noch leisten, nicht nachhaltig und damit angreifbar zu sein? Eine Investition …

 


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