Ins rechte Licht gerückt

Kosmetiktipps, Lifehacks, Produktvorstellungen oder Reisereportagen – das Netz ist voll von Videos. Damit man sich als „Content Creator“ von der Masse absetzen kann, müssen Inhalt und technische Qualität stimmen. Eine wichtige Rolle spielt das Licht. Michael Marczok stellt Lösungen für die Beleuchtung von Protagonisten und Produkten vor.

Lifestylefoto Godox

So vielfältig wie die Inhalte auf Instagram, TikTok, YouTube & Co. sind, so unterschiedlich sind auch die Anforderungen an eine gute Beleuchtung für das jeweilige Thema. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, gibt es Lösungen von einfach bis professionell, von günstig bis nahezu unbezahlbar. Im Prinzip lassen sich die Inhaltsformate, wie fotografische oder filmische Genres, betrachten, also z. B. Produkt- und Portraitfotografie oder Interviewvideo.

Fast jeder Fotozubehörhersteller oder -vertrieb hat mittlerweile LED-Produkte im Portfolio, das Angebot ist riesig und unübersichtlich. Über einen Blick auf die realen Szenarien bei Vlogging und mehr wollen wir das Ganze aufdröseln.

Stationäres Vlogging, Content Creating, Influenzing

Die bekanntesten Beispiele für diese stationäre Variante der Inhaltserstellung sind Food- bzw. Kochblogs, YouTube-Kanäle für Produktvorstellungen wie Kosmetik oder Elektronik und Reparaturvideos. In den meisten Fällen haben wir es also mit einer studioähnlichen Situation zu tun und können diese entsprechend beleuchten. Das Ziel sollte es sein, das Hauptmotiv so ins Licht zu setzen, dass nicht zu harte Schatten entstehen, in denen interessante Details dann verloren gehen können. In der Fotografie und auch in der Videografie ist ein starkes Punktlicht mit einer Softbox das Licht der Wahl.

Die Lichtstärke ist einerseits nötig, um ein wenig abblenden zu können, aber auch weil Softboxen Licht schlucken – je weicher, desto mehr Licht geht verloren.

LED-Punktlichtquellen sehen nicht nur so aus wie klassische Studioblitze, sie verhalten sich auch ganz ähnlich. Die das Licht erzeugenden LED-Elemente sitzen dazu im Lampenkopf dicht an dicht, bei manchen Geräten sogar leicht gewölbt, um noch näher an ein kugelförmiges Leuchtmittel heranzukommen. Ein Beispiel ist die Aputure-LS-300X-Leuchte, eine einfache Lampe, die aber ein angenehmes Licht abgibt und mit dem Bowens-Bajonett viele verschiedene Lichtformer aufnehmen kann.

Mit diesem weichen Licht haben wir also ein Hauptlicht für die Ausleuchtung unserer Food-Szene oder unseres Produkts. Es fehlt noch ein wenig Helligkeit im Hintergrund. Im Gegensatz zu Freistellern in Foto und Video, also Motiven vor reinem Weiß, gestalten Vlogger ihre Inhalte in einer Umgebung, sei es eine rustikale Küche oder eine Fotostudioumgebung. Damit dieser für die Darstellung wichtige Hintergrund nicht untergeht, braucht er Licht. Am einfachsten eignen sich dafür LED-Flächenleuchten, die wie ein Fenster wirken können. Ein schon fast klassischer Aufbau wäre also ein Hauptlicht für das Motiv und zwei oder mehr Flächenleuchten von links und rechts auf den Hintergrund. Die meisten der aktuellen LED-Leuchten lassen sich über eine Fernbedienung oder eine App steuern. So kann ganz bequem aus der Position der Kamera das Helligkeitsverhältnis von Haupt- zu Hintergrundlicht eingestellt werden.

Hedler Lleuchten

Von Hedler gibt es eine Reihe von Dauerlichtmodellen für professionelle Anwender.

Für die stationäre Arbeit gilt es natürlich, auch den moderierenden Gastgeber professionell zu beleuchten, ohne den ein Vlog, ein YouTube-Kanal oder auch ein TikTok-Film nicht funktioniert. Bei bekannten Influencern und Content-Creatoren spielt der Host die Hauptrolle, nicht der Protagonist. Er oder sie sind im wahrsten Sinne des Wortes das Gesicht des Inhaltes. Für eine gute Portraitausleuchtung kann wieder das Punktlicht mit einem Lichtformer zum Einsatz kommen. Für Portraits empfehlen sich Octa-Lichtformer mit acht Ecken. Diese Lichtformer erzeugen wie alle Softboxen ein schönes, angenehmes, weiches Licht und zudem einen natürlichen Reflex in den Augen. Als zusätzlicher Lichteffekt ist ein sogenanntes Kopflicht möglich, das aus der dem Hauptlicht entgegengesetzten Richtung leicht von oben und hinter dem Host auf die Haare, maximal bis auf die Schultern gerichtet wird. Durch den so entstehenden leichten Lichtschein auf dem Kopf hebt dieser sich von einem Hintergrund besser ab und belebt die Szene. Dieses Licht sollte eher gerichtet und nicht flächig sein. Kleinere LED-Leuchten, wie sie auch direkt auf einer Kamera angebracht werden können, kommen hier zum Einsatz. Für einige Modelle gibt es auch Lichtformer in Form von Aufsätzen. So ist etwa ein Wabengitter-Aufsatz praktisch, um das Licht sehr gerade und parallel auszurichten.

Leuchten für die stationäre Arbeit

Wie beschrieben, ist das Angebot an LED-Leuchten und Lichtformern riesig. Punktlichtquellen hat jeder Hersteller oder Vertrieb im Angebot. Weit verbreitet sind die Marken Godox und Walimex im unteren Preissegment. Bei Godox sind es die Leuchten der UL- und der ML-Serie. Die einen, UL, sind etwas lichtstärker und professioneller, die anderen, ML, dagegen sehr kompakt. Beide Serien können per App gesteuert und mit einem optionalen Akku betrieben werden. An beiden Serien lassen sich entweder die firmeneigenen Lichtformer oder solche mit einem Bowens-Bajonett betreiben. Von Godox kommen auch Flächenleuchten, die sehr interessant sind, z. B. eine Reihe mit der Bezeichnung LD. Es gibt diese RGB-LED-Leuchten mit verschiedenen Leistungen – bis zu 150 Watt – und Größen.

Bei Walimex sieht es ganz ähnlich aus. Auch hier finden wir Punktlichtquellen und Flächenleuchten in verschiedenen Ausführungen. Beide Sorten laufen unter der Bezeichnung Niova und sind entweder als Bi-Color oder Tageslichtausführung erhältlich. Bei einer Leistungsrange von 60 bis 500 Watt bei den Punktlichtquellen und 36 bis 600 Watt bei den Flächenleuchten sollte für jedes Motiv etwas dabei sein. Erwähnenswert sind hier noch Produkte einer anderen Reihe, die Walimex pro Flex LEDs. Es handelt sich dabei um sogenannte Leuchtmatten. Sie sind also flächig, aber flexibel und können einerseits zum Transport zusammengerollt, andererseits beliebig für die Beleuchtung geformt werden, etwa um ein Produkt rundherum zu beleuchten.

Aus dem Bereich der Studioblitze für die Fotografie kommt der deutsche Hersteller Hedler. Mit seinen Leuchten aus der Profilux-LED-Reihe bietet er sehr leuchtstarke Punktlichtleuchten, die sich zudem über eine Fresnellinse fokussieren lassen. Die Leistungen liegen bei satten 1.000 und 1.400 Watt. Die Leuchten liefern ein Tageslicht mit 5.600 Kelvin. Sie verfügen über einen Anschluss für die Verwendung aller Hedler-Lichtformer, wie z. B. das MaxiSoft Octagon mit 100 Zentimeter Durchmesser, für ein knackiges, aber trotzdem weiches Licht für die Ausleuchtung des Hosts. Interessant sind auch die sogenannten Speedring-Adapter, mit denen weitere Lichtformer von Herstellern wie Bowens, Broncolor, Elinchrom, Hensel, Multiblitz und Profoto an der Leuchte genutzt werden können. Für die gebotene Leistung und Ausstattung sind die Geräte zudem nicht zu teuer.

Ein relativ neuer Player auf dem LED-Markt ist Sirui, bekannt als Hersteller von Stativen. Neben sehr kompakten Punktlichtquellen bis zu einer Leistung von 150 Watt sind zwei spezielle Produkte herauszuheben. Zum einen ist da die Flächenleuchte A100B. Das Spannende daran ist, dass diese 100-Watt-Bi-Color-Leuchte sich zu ihrer Flächenform selbst aufbläst. Ohne Luft ist sie klein und fein verpackt. Die zweite Spezialität nennt sich B25R und ist eine schmale, biegbare, segmentierte LED-Leuchte. Sie lässt sich entweder gerade als schlanke Flächenleuchte einsetzen, in Kombination mit mehreren auch breiter, oder in einem leichten Bogen. So gebogen, gibt es ein sehr schönes Licht für Produktvideos mit einer gleichmäßigen Lichtverteilung. Es entstehen nur angenehme Schattenverläufe. Auch im Bogen können mehrere Leuchten aneinandergesteckt und so die Leuchtfläche vergrößert werden.

Mobiles Arbeiten

Neben den rein stationären Arbeiten für Content Creation, Vlogging etc. gibt es natürlich auch solches unterwegs. Beispiele hierfür sind Reisevlogs, YouTube-Kanäle zum Thema Foto und Video, Ratgeber für Haus und Garten oder wieder Produktvorstellungen, nur ganz einfach draußen.

Wenn man unterwegs ist, sollte das Equipment in der Regel kompakt und leicht sein. Außerdem ist man auf eine ebenso mobile Stromversorgung angewiesen. In der Regel sind das natürlich Akkus, und nahezu jede LED-Lichtquelle für die beschriebenen Einsätze hat einen solchen oder kann wahlweise auch mit Netzstrom betrieben werden.

In der freien Natur, in der Innenstadt oder sonst in einer Outdoor-Location wird man keine großen Lichtaufbauten einsetzen. Hier geht es in erster Linie darum, Schatten aufzuhellen oder Produkte und vor allen Dingen den Host aus der Umgebung hervorzuheben. Da solche Szenarien dynamischer sind als im Studio (der Host läuft herum, die Kamera schwenkt und bewegt sich durch die Szenerie), muss sich das Licht mitbewegen. Für eine Aufhellung des Hosts empfiehlt sich eine sogenannte „on camera“-Lösung. Eine mehr oder weniger kleine LED-Leuchte wird auf der Kamera angebracht – so wie ein Systemblitz. Da man für solche Aufnahmen meist kurze Brennweiten verwendet, damit man genug von der Umgebung einfängt, und somit der Abstand von Kamera und Motiv eher gering ist, müssen diese Leuchten auch keine riesigen Leistungen aufweisen. Verträgt beispielsweise ein Produkt vor sehr hellem Hintergrund, im Gegenlicht oder im Schatten etwas Aufhellung, können dafür ebenfalls mobile, akkubetriebene, kleine aber trotzdem leistungsstarke LEDs verwendet werden. Für beide Anforderungen ist es möglich, ein und dieselbe Leuchte zu wählen.

Leuchten für das mobile Arbeiten

Bei den „on camera“-Lösungen hat der Content Creator die Qual der Wahl. Schier inflationär streben solche Produkte, meist aus China, auf den Markt. Der Preisbereich ist sehr weit, und die Unterschiede sind bisweilen sehr klein. Was aber nicht heißen soll, dass günstige Produkte nicht nutzbar sind.

Bei Godox werden wir fündig bei den Videoleuchten. Bei den Modellen mit dem bezeichnenden Namen Video Light LED wird die Leistung über die Zahl der verbauten LED-Elemente angegeben. Vier Größen gibt es zwischen 36 und 170 Elementen. Sie lassen sich aneinanderdocken, um die Leistung so weiter zu erhöhen. Interessant ist, dass diese Leuchten mit Dauerstrom, Akkus und normalen Batterien betrieben werden können.

Sirui hat in seinem noch kleinen, aber feinen Programm die Leuchte E30B. Sie ist mit einer Breite von 269 Millimetern schon ein wenig größer, gibt dadurch aber auch enorm viel Licht ab. Die Leistung wird mit 30 Watt angegeben, die sich aber wie über 50 Watt anfühlen. Im Lieferumfang der Leuchte ist ein Handgriff, sie lässt sich aber auch an der Kamera anbringen.

Leuchte von Rotolight

Kompakt, schwarz, rund. Die „on“ oder „off camera“ Leuchten von Rotolight geben sehr viel Licht ab.

Sehr professionell kommt der Anbieter Rotolight aus Großbritannien daher. Für die mobile Arbeit gibt es dort die RGBWW-Leuchte mit der Bezeichnung Neo 3 Pro. Im Gegensatz zu anderen „on camera“-Leuchten sind die von Rotolight rund. Das macht sich besonders bei den Augenreflexen positiv bemerkbar. Die Leuchte wird mit einem NP-F-kompatiblem Akku befeuert und liefert für die Größe viel Leistung, 4.541 Lux auf einen Meter Entfernung.

Zum Vergleich: Die E30B von Sirui wird mit 800 Lux auf einen Meter angegeben. Es gibt für die Neo 3 Pro Adapter für die Nutzung von Bowens-Lichtformern. Ein weiteres spannendes Feature gibt es bei Rotolight noch. Nicht nur die Neo 3 Pro, auch andere Modelle des Herstellers können blitzen. Für den Bruchteil einer Sekunde kann die Leuchte drei Blenden mehr Licht abgeben, in allen darstellbaren Farben, ohne Aufladezeiten. Dies ist die ultimative Lösung für echtes hybrides Arbeiten.

Mit den Aputure-MC-Pro-RGBWW-Leuchten bekommt man in einem kompakten, sehr stabilen, gegen Spritzwasser geschütztem Gehäuse enorm viel Licht in die Hand. Die Leuchten sind magnetisch und und lassen sich so sehr flexibel an metallenen Konstruktionen befestigen. Das Licht wird in einem 45 °-Winkel abgestrahlt, was für eine maximale Lichtausbeute sorgt. Im Lieferumfang sind darüber hinaus eine kleine Softbox und ein Wabengitter enthalten, um das Licht genau so zu bekommen, wie man es möchte. Ein Akku ist fest verbaut und wird per USB-C geladen.

Filmen für die sozialen Medien

Weit verbreitet sind zurzeit LED-Ringleuchten, durch die sowohl mit der Kamera als auch mit dem Handy fotografiert und gefilmt werden kann. Das Licht ist einfach einzusetzen, erzeugt keine Schatten in Leuchtrichtung, aber dafür einen tollen runden Reflex in den Augen des Hosts. Diese Ringleuchten gibt es in vielen verschiedenen Größen, Leistungen und Varianten. Meist positioniert man die Kombi aus Kamera und Leuchte auf einem kleinen Stativ, vor dem aus der Host dann seinen Beitrag schnell fertigstellen kann.

Leuchten für das Filmen für 
die sozialen Medien

Godox hat mehrere Ringleuchten im Programm, alle mit der Bezeichnung LR. Sie sind alle zwar für den Einsatz mit einem Handy vorgestellt, können aber mit Leistungen bis zu 27 Watt auch mit einer spiegellosen Systemkamera kombiniert werden.

Interessant wird es bei der Firma GVM, was für Great Video Maker steht und die aus China kommt. Dort finden 
wir ein Ringlicht der speziellen Art. An dem üblichen LED-Ring sind sternförmig sechs LED-Stäbe angebracht. Der aus dieser Anordnung resultierende Reflex im Auge eines Influencers oder Content Creators ist etwas Besonderes. Insgesamt bringt es die GVM-600S LED auf immerhin 90 Watt.

Sirui hat zwar kein Ringlicht, aber die schon beschriebene biegbare Flächenleuchte mit der Bezeichnung B25R ist mindestens ebenso gut.

Fazit

Viel Licht, wenig Schatten: Das Angebot für Content Creator im Bereich der LED-Leuchten ist riesig. Wer professionell arbeitet, sollte auch im Sinne der Nachhaltigkeit entsprechende Produkte wählen.

 

 


Dieser Beitrag stammt aus der gigit! Ausgabe 4-2023. Bestellen könne Sie diese Ausgabe hier:

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