Vielgestaltig

Seit fast zwei Jahrzehnten bewegt sich Alexander Gnädinger zwischen Mode-, Kunst-, Werbe- und Architekturfotografie – mit Erfolg. Die Vielfalt seiner Genres spiegelt sich in den Bildwelten des Berliners wider: Der Look reicht von „supercrisp“ über Street Photography bis Vintage. Von Peter Schuffelen

Beispielfoto von Alexander Gnädinger

Vor elf Jahren hat sich Alexander Gnädinger einer kreativen Frischzellenkur unterzogen. Eineinhalb Jahre ist er um die Welt gereist, allein, im Gepäck nichts als eine Polaroid Image 1200, um Models zu fotografieren. Ohne Stylisten, ohne Make-up-Artist, auf der Suche nach der ungeschminkten, puren Schönheit. Ein Fotograf, eine Sofortbildkamera, ein Model, sonst nichts. „100 Girls On Polaroid“ hat er sein Projekt genannt, das am Ende auch als dickbäuchiges Hardcoverbuch erschien. „Ich wollte damals das andere Ende der Fotografie ausloten, meine eigenen Sehgewohnheiten aufbrechen“, sagt Gnädinger, der bei professionellen Shootings für Adidas, Villeroy & Boch oder Stella McCartney und Magazine wie ELLE, Wallpaper Magazin oder Die Zeit mit digitalen Mittelformatsystemen hantiert und zusammen mit vielköpfigen Teams arbeitet.

Immer wieder hat er seither eine seiner Sofortbildkameras in die Hand genommen, beispielsweise als er Karl Lagerfeld für ein Magazin porträtierte und ihn anschließend noch um eine Polaroid-Session bat. Eines dieser ikonischen, auratisch überstrahlten Bilder findet sich auch auf diesen Seiten. Vor Kurzem ging es um die Relaunch-Kampagne für Shopping-Bags der Marke LOQI. Gnädinger setzte sie im Streetart-Style um. „Ein Job fast ohne Team, dank Corona“, so Gnädinger.

In letzter Zeit habe er sich auf die weniger „crispen“, die weniger durchgestylten und hyperperfekt ausgearbeiteten Bildwelten konzentriert. „Mehr Charakter und Skills statt bloße Schönheit“, wie er es formuliert. Das habe sich einfach so entwickelt, vermutlich weil die Jobs, die sich auftun, irgendwie zu seiner inneren Haltung passen. „Das ist, wie wenn man auf einmal nur noch rote Autos sieht, weil man gerade auf rote Autos achtet“, sagt er. Bedeutet das eine stilistische Neuausrichtung? „Nein“, antwortet Gnädinger. „Stil ist in Bewegung, etwas Neues kommt hinzu. Es geht darum, Dinge neu zu kombinieren, sich weiterzuentwickeln.“

Die Beschränkung auf ein Genre oder einen Stil war ihm immer schon zuwider. „Du musst dich spezialisieren, dein Profil schärfen, entweder du machst Architektur oder Mode oder Portrait“, hatte ihm während seiner Ausbildung einer seiner Dozenten am Berliner Lette-Verein gesagt. Er schlug den Rat in den Wind – ebenso wie den seines Vaters, der fand, Fotograf sei kein tragfähiger Beruf. „Ich habe mein Kunst- und Pädagogik-Studium gegen die Fotografie eingetauscht und versucht, in unterschiedlichen fotografischen Genres erfolgreich zu sein“, sagt Gnädinger. „Es hat funktioniert.“

Jeder ist eine Insel

Seine Produktionsbasis ist ein 250 Quadratmeter großes Studio in Prenzlauer Berg, wohnen tut er am Berliner Stadtrand. Vor Kurzem fand er sein Refugium in Berlin auf einer Insel in einem See. Seit Jahrhunderten ein Ort für Künstler, auf der Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensstilen leben, …


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