Tollster Job der Welt

Für Lars Bauernschmitt, Professor für Fotojournalismus an der Hochschule Hannover, ist Fotojournalist „der tollste Job der Welt“.

Das Interview führte digit! Autor Peter Schuffelen.

Herr Bauernschmitt, aus aktuellem Anlass: Wie nehmen Sie die Bild-Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine wahr? Steht das fotografische Still angesichts der Dynamik der Ereignisse nicht auf verlorenem Boden?

Lars Bauernschmitt: Zunächst: Das gut fotografierte stille Bild wird immer seine Kraft haben – aber seine Bedeutung in den Medien wandelt sich. Für eine umfassendere Einschätzung der Bildberichterstattung über den Angriff auf die Ukraine ist es aber noch zu früh, schließlich sind die aktuellen Ausgaben vieler Magazine noch gar nicht erschienen (das Gespräch fand am achten Tag nach dem Einmarsch statt, d. Red.). Das erste Spiegel-Cover zum Thema, das Titelbild der Ausgabe 9, fand ich aber eher schwach. Man versteht schlicht nicht, was da überhaupt zu sehen ist. Da sind schon jetzt spannendere Bilder auf dem Markt.

Aber besteht hier nicht schon ein Problem, nämlich das der mangelnden Aktualität der Printmedien?

LB: Fakt ist: Die klassischen Printmedien stehen unter Druck. Seit 10, 15 Jahren befinden sie sich in Konkurrenz zu unterschiedlichen digitalen Medien, zu nicht linearen Bewegtbildangeboten und natürlich auch zu den sozialen Medien, die nicht nur für die Jüngeren oft die wesentliche Informationsquelle sind. Der Medienmarkt ist hochgradig fragmentiert, es gibt YouTuber, die der nachwachsenden Generation als Informationsquelle dienen und das teils auf journalistisch hohem Niveau und mit höherer Reichweite als manche Zeitung. Ein gutes Beispiel für die Rolle sozialer Medien in Sachen Information war der Arabische Frühling. Da kommunizierten westliche Reporter – also bildlich gesprochen alte weiße Männer und Frauen – mit ihresgleichen aus der arabischen Welt, während parallel dazu die sozialen Medien journalistisch ganz ungefiltert die Perspektive derjenigen zeigten, die keinen Zugang zur Blase der westlichen Journalistinnen und Journalisten hatten. Ich bin mir sicher: Der Stellenwert dieser Medien wird in Zukunft noch weiter wachsen.

Heißt das im Umkehrschluss: Die Bedeutung der etablierten Medien schwindet?

LB: Ganz und gar nicht. Die Menschen haben seit Tausenden von Jahren Interesse an kuratierten Nachrichten, das wird auch so bleiben. Wir wollen wissen, wer uns etwas erzählt, um es einschätzen zu können. Aber wie Michael Fleischhacker in seinem sehr lesenswerten Buch „Die Zeitung. Ein Nachruf“ feststellt: „Die Zeitung als tägliches gedrucktes und verteiltes Produkt wird nicht überleben.“ Und das später ausführt mit den Worten: „Es muss einem um den Journalismus im digitalen Zeitalter nicht bang sein, dass ‚Prinzip Zeitung‘ ist lebendig wie eh und je.“ Klassische Printmedien müssen sich dem technischen und gesellschaftlichen Wandel stellen, und sie stehen darüber hinaus unter einem erheblichen ökonomischen Druck, der allerdings in großen Teilen auch selbstverschuldet ist.

 Wie meinen Sie das?

LB: Die klassischen Medienmarken haben jahrelang die Digitalisierung verschlafen. Das fing damit an, dass die Tageszeitungen die Rubrikenanzeigen den neuen Portalen überlassen haben, statt eigene Angebote aufzubauen, wodurch ihnen die Umsätze weggebrochen sind, die jahrzehntelang die Basis ihrer Erlöse waren. Jetzt versuchen Medienhäuser, ebendiese Portale zurückzukaufen. Die fehlenden Umsätze haben entsprechende Konsequenzen. Die Etats werden gekürzt, die Honorare sinken. In der Konsequenz ist die Einkommenssituation von Journalistinnen und Journalisten zum Teil prekär, und die Produktionsbedingungen sind schwierig. Heute völlig unvorstellbar: Fotojournalisten wie Gerd Ludwig bekamen bei National Geographic noch in den 90er-Jahren unter Umständen ein Dreivierteljahr Zeit, um eine Reportage zu entwickeln. Gleichzeitig fehlt es vielen …

 

 


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