„Mit einzigartigen physischen Werken der Entwertung entgegentreten“

Der Fotograf Thomas Meyer und der Laborant Oliver Rolf von Platinum sprechen über den ideellen und monetären Wert analoger Editionsprints und ihre Zusammenarbeit. Von Peter Schuffelen

Schwarze, blattlose Äste eines Baumes vor einem dunkelblauen Himmel.

Darum geht es

Thomas Meyers Arbeitswelt ist dreigeteilt. Seit 30 Jahren ist der Wahl-Hamburger als Pressefotograf tätig, hauptsächlich für die „bunten Blätter“ der Republik. Er leitet einen Nikon Service Point mit sieben Angestellten in Berlin, in dem neben digitalen auch analoge Nikon-Kameras repariert werden (allen voran die legendären Modelle aus der F- und FM-Reihe des Herstellers). Und er macht Fotokunst.

Vor rund zehn Jahren entdeckte er seine Liebe zur analogen Großformatfotografie. Genauer gesagt, zum Piktoralismus, jener foto- historischen Strömung, die ihren Höhepunkt von etwa 1900 bis 1920 hatte und die Fotografie als eigenständige Kunstform zu etab- lieren versuchte, indem sie malerische Techniken wie Unschärfe und eine gewisse Verträumtheit mit stilistischen und fototechnischen Mitteln imitierte.

„Mein Job als Pressefotograf allein hat mich einfach nicht mehr ausgefüllt, mir fehlte da oft eine wirkliche Herausforderung“, sagt Meyer. „Jeder kann heute eine Kamera kaufen, mit der er technisch passable Fotos macht. Ich kenne Bloggerinnen, die mit ihrem Handy wirklich attraktive Bilder produzieren. Beides engt das Geschäftsmodell professioneller Fotografen ein und führt dazu, dass die Wertigkeit von Fotografie insgesamt erodiert. Also habe ich mich gefragt: Wo ist meine Nische? Wie kann ich wieder fotografischen Mehrwert schaffen, Bilder, die nicht austauschbar sind, sondern auf ihre Weise einzigartig?“

Meyer besann sich auf seine „alten“ Vorbilder, darunter Piktoralisten wie Léonard Misonne, Heinrich Kühn, Edward Steichen und Alfred Stieglitz, aber auch klassische Vertreter anderer Stilrichtungen wie Ansel Adams oder Edward Weston – und entwickelte entlang dieser historischen Leuchtfeuer seine eigenen Bildwelten.

Das steckt dahinter

2003 legt Meyer sich eine 8 x 10-Inch-Sinar-P2-Fachkamera zu und kauft im Laufe der Jahre kontinuierlich verschiedenes Equipment hinzu, vor allem historische Objektive. Mit dem langbrennweitigen Reproobjektiv vom Typ Carl Zeiss Jena Apo-Germinar 750mm/9.0 wurde auch das Bild der Elbphilharmonie aufgenommen, das wir auf diesen Seiten zeigen. Hinzu kamen hochwertige Scharfzeichnerobjektive von Rodenstock und Schneider – und vor allem mehrere seltene und entsprechend teure Weichzeichnerobjektive von Anfang des letzten Jahrhunderts – gerade Letztere sind für die piktoralistische Anmutung der Bilder unabdingbar.

Ein Beispiel ist die Serie „Weiße Blüten“, …


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