Knapp daneben ist auch vorbei

„Welcome to the machine“: In seinem Projekt „A miss is as good as a mile“ setzt sich Thomas Albdorf künstlerisch mit maschinenerlernter Bildgenerierung und deren Folgen für unser Sehen auseinander. Sein Projekt wurde im Rahmen eines recommended-Stipendiums möglich.

Thomas Albdorf, Welcome to the machine

„Der Einfluss digitaler Techniken auf die Bildwelten treibt mich schon lange um. Was bedeutet es, wenn sich Bilder mittels Bildbearbeitung oder 3D-Rendering immer weiter von der Wirklichkeit entfernen? Wie steht es um die Beziehung zwischen Abbildung und Abgebildeten, wenn die Bilder nicht mehr an etwas Physisches gebunden sein müssen, also etwas, das irgendwann mal ‚vor der Linse‘ war. Werden wir noch ‚sehen‘ und ‚entdecken‘ können, wenn der Realitätsbezug von Bildern allmählich verloren geht? Wenn Bilder zum Großteil von ‚intelligenten Maschinen‘ imaginiert werden – auf Basis bereits existierender Bilder, kameralos und ohne den Einfluss von Menschen? Tatsache ist: Software übernimmt immer mehr fotografische Aufgaben. Aufgrund von Rechenleistung liefern etwa Smartphones trotz ihrer Mini-Sensoren erstaunlich rauscharme und kontrastreiche Bilder. Mehr noch: An der Universität von Washington haben Forscher eine Software entwickelt, mit der man durch die Verknüpfung von Video- und Audio­dateien Menschen beliebige Texte glaubhaft in den Mund legen kann. Sie illustrieren das anhand eines Clips, der Barack Obama bei einer Ansprache im Weißen Haus zeigt, bei der er Dinge sagt, die er Jahrzehnte zuvor in ganz anderen Zusammenhängen gesagt hat. Und: Schon heute sind neuronale Netzwerke in der Lage, Bilder auf Basis bestehender Bildern zu generieren, ohne Kamera, ohne Zutun des Menschen.

Links: „Small Ones To Bring Home! Very Cute“ (Performance, Musical, Muscle, Theatre)
Rechts: „We Went To That Pizza Place Display Was Not Exaggerating!“ (Marine Biology, Ocean, Still Life / Spoof: Unlikely).

In meiner neuesten, im Rahmen meines recommended-Stipendiums entstandenen und von Hinde Haest, Foam Fotografiemuseum Amsterdam, kuratierten Serie setze ich mich mit dieser maschinenautonomen Bildgenerierung durch neuronale Netzwerke auseinander. Ihr Titel „A miss is as good as a mile“ bedeutet übersetzt etwa so viel wie: „,Knapp daneben ist auch vorbei.“ Gemeint ist damit die Tatsache, dass selbst kleinere Bildfehler, die bei diesen Prozessen entstehen, die Integrität des ganzen Bildes korrumpieren können. Der Ausgangspunkt meiner Arbeiten, die zwischen Mai 2017 und Januar 2018 entstanden sind, waren Aufnahmen von …


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