Einmalig

Während einer Schaffenskrise entdeckte der Berliner Fotograf Christian Klant einst das Kollodium-Nassplatten-Verfahren für sich.

Foto von Christian Klant

Dieses ermöglicht Unikate mit einzigartigen Schwärzen und geradezu holografischer Wirkung. Heute ist die historische Technik für ihn das emotionale und kreative Nonplusultra – und die Basis seines Businessmodells, hat digit! Autor Peter Schuffelen erfahren.

Wer je eine Wet Plate im Original gesehen hat, ist sofort und unweigerlich fasziniert von diesen ultratiefen Schwärzen, der plastischen Strahlkraft, der – hier passt das esoterische Wort ausnahmsweise – „Aura“ des Bilds. Eindrücke aus Christian Klants Projekt „100 Wet Plates – 100 Words“, für das der Berliner Fotograf 100 Menschen porträtiert und dabei mit Kollodium-Nassplatten gearbeitet hat:

Die Gesichter der Porträtierten wirken unwirklich dreidimensional, teils so, als ob sie dem Bild heraustreten würden. Oft sind nur einzelne Gesichtspartien scharf – dafür aber: unfassbar scharf. Der Rest des Kopfes oder Torsos versinkt hingegen in einem poetisch weichen und träumerischen, teils wirbeligen Bokeh.

Ein einzelnes dieser Portraits nimmt wegen des hochaufwändigen und viel Erfahrung voraussetzenden Verfahrens, bei dem jeder Handgriff sitzen muss, einen kompletten Tag in Anspruch, schon weil der Ansatz der Chemie viel Zeit in Anspruch nimmt. Dafür entstehen in diesem launischen und handwerklich anspruchsvollen Prozess durch reines Silber auf einer Metallplatte buchstäblich einmalige Bilder.

Die knackige Schärfe und das besondere Bokeh dieser Unikate sind der Großformatkamera geschuldet und den Spezialobjektiven, mit denen Klant arbeitet. Der Fotograf aus Berlin wählt je nach Bildvorstellung gezielt eins aus seiner riesigen Objektiv-Palette aus und nimmt sich bei den Portraitshootings viel Zeit für die punktgenaue Schärfesetzung. Aber da ist noch etwas anderes, etwas Magisches, das diese Bilder umgibt, etwas, das sich rational schwer erklären lässt, vielleicht am ehesten so: Einerseits sind da dieser gewaltige Tonwertumfang, diese ultratiefen Schwärzen, das cremefarbene Weiß des „reinen Silbers“ und die eigentümlich dunkle Hauttonwiedergabe – eine Folge der im Rotbereich unempfindlichen Kollodium-Beschichtung. Andererseits entstehen – aller Akkuratesse, mit der Klant zu Werke geht zum Trotz – unvermeidlich Artefakte an den Bildrändern, aber auch kleinere über das Bild verteilte Abbildungsfehler. Sie unterstreichen den handwerklichen wie auch den Unikat-Charakter dieses uralten „Sofortbilds“.

Das Einmalige in Zeiten unbegrenzter 
Vervielfältigung

„Vor etwa zehn Jahren habe ich ausschließlich digital fotografiert, zu 90 % Portraits und Reportagen, dazu freie Shootings, aber irgendwann hat mir etwas gefehlt“, sagt Klant. „Dann habe ich dieses Verfahren entdeckt, das bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden wurde, und mich sofort verguckt.“ Klant absolvierte einen Workshop und übte sich ungezählte Stunden in der altertümlichen Technik, bei der jede Minute und jedes Gramm Chemikalie zählt, lernte aus seinen Fehlern, …

 


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