Das Venedig der Venezianer

Es heißt, Venedig sei „totfotografiert“. Werner Pawlok hat der Lagunenstadt während der Pandemie ungesehene Facetten abgerungen.

Innenansichten der Palazzi waren ein wichtiger Teil des Projekts, hier die Bibliothek des Ca‘ Marcello Sestiere.

Die Essenz lässt sich jetzt in seinem multimedialem Buch „Dimore Veneziane“ erleben, mit besonderem Fokus auf die prunkvollen Interieurs der Palazzi.

Der Auslöser

Eigentlich war alles ganz anders geplant, und dass dieses Buch überhaupt entstanden ist, ist ironischerweise unter anderem Donald Trump geschuldet. Dazu muss man wissen, dass sich Werner Pawlok seit einigen Jahren mit Innenräumen besonderer Gebäude in besonderen, verwunschenen Städten beschäftigt; zuletzt hat er etwa in Kuba und New Orleans gearbeitet. Seine Bilder vermarktet der Fotokünstler über das LUMAS-Netzwerk, die Quintessenz seiner Serien verdichtet er in Büchern. Nach „Made in Cuba“ sowie „Cuba – expired“ plante er eins über Häuser in New Orleans, begründet in seiner Faszination für Städte am Wasser. Dann war Amerika in Trump-Hand, und das Interesse an Bildern aus den USA war, zumindest in Deutschland, überschaubar. Pawlok fasste daraufhin einen neuen, einen kühnen Plan: Er wollte die Palazzi von Venedig von innen fotografieren, die verwunschenen Paläste der verwunschensten Stadt schlechthin. Die Idee entpuppte sich als Mammutaufgabe, Venedig fotografieren, das wollen schließlich nicht nur Touristen und Hobby-, sondern eben auch viele Profifotografen. Kalender, Bücher, Postkarten, Poster: Die Stadt ist fotografisch ausgebeutet und doch immer noch hochbegehrt als Motivweide. Wer indes wirklich außergewöhnliche Motive sucht, wer beispielsweise innerhalb der Paläste fotografieren möchte, zahlt 5.000 Euro und mehr – pro Tag. Dank intensiver Recherche und persönlicher Kontakte schaffte Pawlok es auf Anhieb, vier Palazzi in dem für ihn typischen High-End-Stil zu fotografieren. Er lud die Bilder bei LUMAS hoch.

Kurz darauf bekam er einen Anruf seines Verlags. Die Ansage: „Mach uns ein Buch über Venedig.“ Pawloks erster Gedanke: „Was für eine Aufgabe. Venedig ist in all seinen Facetten bereits fotografiert worden, es gibt ungezählte Bücher. Wie bitte soll ich dem etwas Neues hinzufügen?“

Das Konzept

Pawlok, der sich im Laufe seiner Karriere immer wieder neu erfunden und mit neuen Technologien, Looks und Formaten experimentiert hat, besann sich angesichts dieser Herausforderung auf eine besondere Herangehensweise. Die Grundidee lautete: Venedig von innen zeigen, aus dem Blickwinkel der Menschen, die dort leben. Das sind, Statistiken zufolge, immer weniger, die Lagunenstadt wird überrollt von Tagestouristen, von Passagieren der Riesendampfer, die dort für einen Tag anlegen; Spekulanten sorgen derweil dafür, dass die lokale Infrastruktur wegbricht. Und doch, es gibt sie: Venezianer, die in der Stadt geboren sind und um keinen Preis wegziehen möchten, aber auch Zugezogene, für die die Serenissima zur Heimat geworden ist. „Wir haben von den wenigen Touristen, die während der Pandemie da waren, unglaubliche Sprüche gehört, Sätze wie: ‚Um wie viel Uhr macht der Park hier eigentlich zu?“, erzählt Pawlok, der …

 


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