„Beziehungen zu Juroren …
… sind Gold wert“, sagt Gérard A. Goodrow, Kurator, Autor und ehemaliger Leiter der Art Cologne, im Gespräch mit Peter Schuffelen.
Herr Goodrow, Sie beobachten die Fotokunst- und die Foto-Award-Landschaft seit vielen Jahren. Trügt unser Eindruck oder hat die Zahl der Wettbewerbe in den letzten Jahren stark zugenommen?
Gérard A. Goodrow: Nein, das deckt sich mit meiner Wahrnehmung in den letzten zehn Jahren.
Worauf führen Sie diesen Award-Boom zurück?
GG: Ich denke, das hat auch damit zu tun, dass der Stellenwert von Fotografie am Kunstmarkt nach dem gigantischen Hype zwischen Ende der 90er- und Mitte der Nuller-Jahre wieder auf Normalgröße geschrumpft ist. Auch bei Auktionen wird wieder deutlich weniger Fotografie gezeigt. Als Ausgleich versuchen viele ambitionierte Fotografen, ihre Sichtbarkeit durch die Teilnahme an Wettbewerben zu erhöhen.
So weit die Fotografen-, also Nachfrageseite. Aber wie erklären Sie sich das steigende Angebot an Awards?
GG: Ich glaube, immer mehr Institutionen und Imaging-Unternehmen haben den Wert von Foto-Wettbewerben in Sachen Marken-Profilierung und Kommunikation für sich erkannt. Attraktiv sind Wettbewerbe nicht zuletzt für Anbieter von Print-Produkten, so lässt sich die Bedeutung des gedruckten Bilds in digitalen Zeiten eindrucksvoll unterstreichen.
Sie gehören unter anderem den Jurys des Felix Schoeller Photo Awards und des L.-Fritz-Gruber-Preises an. Wie müssen wir uns eine Jurysitzung vorstellen?
GG: Im Vorfeld siebt der Veranstalter einen Teil der Einreichungen entlang formaler Kriterien aus. Je nach Größe des Wettbewerbs folgen dann unterschiedlich viele Vorstufen, die sich über mehrere Monate
hinziehen können. Die Jurymitglieder sehen sich in dieser Phase Abertausende Bilder an und reduzieren die Einreichungen pro Kategorie auf ca. 30 bis 50 Fotografen. Dann folgt die eigentliche Jury-Sitzung, die sich über mehrere Tage erstrecken kann. In diesem Zeitraum wird wahnsinnig viel diskutiert, teilweise auch gestritten, weil jeder seine Favoriten verteidigen möchte. Meist ist das ein sehr konstruktiver Streit, bei dem zuweilen die eigenen Favoriten an Bedeutung verlieren.
Mit anderen Worten: Sie als Jurymitglied lernen während einer Sitzung dazu?
GG: Wahnsinnig viel sogar, das schärft den eigenen Blick. Ich gehe aus diesen Sitzungen meist mit ein oder zwei Entdeckungen heraus. Mit denen arbeite ich dann später oft in irgendeiner Form, beispielsweise im Rahmen von …
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